• Roma in Europa

Belgien

Die geschätzte Zahl belgischer Rom_nija liegt zwischen 10.000 und 15.000 Personen, von denen ein Drittel in und um Brüssel lebt. Die ersten Rom_nija wanderten im Jahre 1419 ein. In Belgien waren die Rom_nija stets mehr oder weniger unwillkommene Gäste. 1931 sollten alle Rom_nija aus Belgien vertrieben werden, da sie generell als Nomaden angesehen wurden, und weil es ein Verbot des Aufenthalts für Nomaden auf belgischem Territorium gab.

"Ab 1933 führte die Polizei strenge Kontrollen ein und registrierte die gesamte Habe der Roma. Sie erhielten einen so genannten Reisepass, der für drei Monate galt. Im Dezember 1941 wurde beschlossen, dass die "Zigeuner heimatlos sind", was im Ausweis vermerkt wurde."

(Djurić, 1996, S. 250).'

Das Hauptproblem von rund 3.000 belgischen Rom_nija ist die ungeklärte Frage ihrer Staatsangehörigkeit. Nur rund 30% der belgischen Rom_nija leben noch in Wohnwägen, und die Tendenz zur Sesshaftigkeit ist im Zunehmen. Viele Familien arbeiten noch in den Traditionsberufen als Altmetall- und Altwarenhändler. In den 1960er und 1970er Jahren erließen die belgischen Behörden eine Reihe von Vorschriften, die es den Rom_nija und Sinti_zze so gut wie unmöglich machte, ihre nicht-sesshafte Lebensweise weiter aufrecht zu erhalten, und viele Rom_nija, Sinti_zze und andere Fahrende waren gezwungen sich auf meist illegalen Lagerplätzen niederzulassen.

Obwohl sich die belgische Regierung 1981 entschloss, eine finanzielle Unterstützung für jene Gemeinden bereitzustellen, die fixe Lagerplätze einrichteten, waren viele Kommunalverwaltungen nicht gewillt dies zu tun. Seit Teile der traditionell katholischen Rom_nija-Bevölkerung zu protestantischen Pfingstlergemeinden konvertierten, sind die belgischen Rom_nija in zwei religiöse Gruppen gespalten. Im Jahre 1999 hat Belgien 74 Rom_nija Asylwerber aus der Slowakei kollektiv ausgewiesen. Diese Ausweisung wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Jahre 2002 für illegal erklärt. Dies war das erste Mal, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Falle von Rom_nija-Flüchtlingen ein westliches Land für schuldig befand, die Flüchtlingskonvention gebrochen zu haben.

Wallonisches Mediationszentrum für Fahrende

Das Wallonische Mediationszentrum für Fahrende vermittelt bei Konflikten und berät fahrende Familien, in Bezug auf die staatlichen Behörden. Es werden in Zusammenarbeit mit Rom_nija Bekanntmachungen, Veröffentlichung, Treffen mit Beamten und Konferenzen präsentiert bzw. veranstaltet. Des Weiteren werden die Vorteile des Zusammenlebens von den Mediatoren aufgezeigt und Respekt und Vertrauen wird geschaffen. Erfahrungsberichte von Fahrenden bestätigen den positiven Einfluss der Mediatoren auf die Beamten.

In den letzten Jahren machte Belgien vor allem mit zwei Rom_nija-feindlichen Fällen auf sich aufmerksam:

 

„Der Spiegel“ berichtete 2014 von folgendem Vorfall:

Ärger für den Dezibel-Bürgermeister

Ein belgischer Bürgermeister wollte ein Wohnwagenlager durch Zwangsbeschallung mit lauter Musik auflösen. Doch sein Plan ging nicht auf. Stattdessen handelte er sich gleich mehrfach Ärger ein.

29.07.2014, 15.15 Uhr

Brüssel - Bürgermeister Gino Debroux dachte offenbar, es sei eine gute Idee, Roma, die sich im belgischen Landen niedergelassen hatten, mittels lauter Musik zu vertreiben. Das sah das flämische Minderheitenforum anders – und forderte nun nach Informationen der belgischen Tageszeitung "Le Soir" die Staatsanwaltschaft auf, Ermittlungen gegen das Stadtoberhaupt und seinen DJ aufzunehmen.

Den beiden wird Körperverletzung und unmenschliche Behandlung von Schutzbefohlenen vorgeworfen. Der Bürgermeister der Kleinstadt östlich von Brüssel organisierte Lautsprecher mit einer Leistung von mehr als 14.000 Watt und einen DJ. Er wollte die Gruppe von Roma mit lauter Musik von einem Industriegelände vertreiben, auf dem sie illegal kampierten. Sie hatten sich zuvor geweigert, das Areal freiwillig zu verlassen.

Doch Debrouxs Plan ging nicht auf. Von der lauten Musik ließen sich die Camp-Bewohner nicht irritieren. Ganz im Gegenteil. Eine Traube von Kindern nahm die akustische Attacke zum Anlass, munter draufloszutanzen.

 

Kritik auch aus eigenem Lager

Für seine Aktion erntete der Bürgermeister Kritik. Sein Parteikollege Bruno Tobback twitterte, es sei "keine gute Idee, Roma mit Musik zu vertreiben". Die flämische Wohnungsministerin Freya Van den Bossche verbreitete über den Kurznachrichtendienst: "Nicht okay, was sich in Landen abspielt. Gar nicht okay."

Bürgermeister Debroux verteidigte seine Aktion als "gewaltlose Methode, die Camper zu einer Einigung zu bewegen". Ein Camp-Bewohner wird zitiert, sich bei Debroux bedankt zu haben: "Ich möchte mich bei ihm bedanken. Wirklich nett, dass er uns einen DJ geschickt hat, um hier Party zu machen. Lokalen Medien zufolge startete der DJ seinen ungewöhnlichen Auftritt mit "Sultans of Swing" von den Dire Straits. Ob es an der Musikbeschallung lag, dass die Roma sich wenig später mit der Polizei einigten und das Areal räumten, ist nicht bekannt.

Wie die belgische Tageszeitung "DH" berichtet, könnten neben einer Klage noch weitere Unannehmlichkeiten auf Gino Debroux warten. Die Verwertungsgesellschaft SABAM kündigte an, der Stadt Landen eine Rechnung über mehrere Hundert Euro zu schicken. Wegen unangemeldeten Spielens von Musikstücken aus ihrem Repertoire. [1]

 

Auch die „WELT“ berichtete über denselben Vorfall

Bürgermeister malträtiert Roma mit lauter Musik

Veröffentlicht am 16.07.2014

Weil er eine Gruppe von Roma nicht in seiner Stadt haben wollte, hat ein belgischer Bürgermeister versucht, das „fahrende Volk“ mit dröhnender Musik davonzujagen. Doch daraus wurde nichts.

Mit lauter Musik hat ein belgischer Bürgermeister versucht, eine Gruppe von Roma zu vertreiben. Doch der Versuch ging nach hinten los. Die Roma blieben mit ihren Wohnwagen, und ihre Kinder tanzten sogar zur Musik.

Die Gruppe war mit etwa 30 Fahrzeugen am späten Sonntag im Ort Landen östlich von Brüssel eingetroffen. Für Bürgermeister Gino Debroux blieben sie jedoch länger, als sie willkommen waren, wie er sagte. Inzwischen hätten sich beide Seiten jedoch verständigt, dass die Roma bis Donnerstag bleiben.

Bruno Tobback, Parteichef der Sozialisten, drückte sein Missfallen über die Aktion seines Parteigenossen aus. Es sei keine gute Idee gewesen, die Roma mit Musik zu verfolgen, twitterte er am Mittwoch.

Das Minoritäten-Forum veröffentlichte eine Mitteilung, in der es hieß, dass laute Musik keine Probleme löse. „Sie werden damit nur anderswohin verlagert.“. [2]

 

[1] https://www.spiegel.de/panorama/justiz/belgien-buergermeister-bekommt-aerger-fuer-musikbeschallung-von-roma-a-983420.html

[2] https://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article130223383/Buergermeister-maltraetiert-Roma-mit-lauter-Musik.html

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